Berlin | Am 27. September konstituierte sich im Deutschen Bundestag die Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ unter der Agenda: Formulierung einer klaren Strategie für die Weiterentwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung und die Stärkung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung in einem Zeitalter des digitalen Wandels von Berufsbildern und Erwerbsbiografien. Damit ist ein weiter Bogen gespannt, vom Anpassungsbedarf der beruflichen Aus- und Weiterbildung an die Anforderungen der digitalen Arbeitswelt über die Sicherung des Fachkräftebedarfs bis zu künftigen gesellschaftlichen Aufgaben wie pflegerische und pädagogische Sorgetätigkeiten. Das sind hohe Anforderungen an alle Beteiligten für sachgerechte Ergebnisse.
Die Enquete-Kommission besteht aus 19 Abgeordneten aller Fraktionen und 19 externen Sachverständigen als gleichberechtigte Mitglieder. Dadurch soll gewährleistet werden, dass spätere (parlamentarische) Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe gut vorbereitet sind. Bereits im Konstituierungsbeschluss wurden 16 Einzelbereiche skizziert, die die Kommission untersuchen soll, diese umfassen Analysen der gegenwärtigen Situation der Aus- und Weiterbildung ebenso wie die Beschreibung von Potenzialen und Szenarien, auch auf europäischer und internationaler Ebene. Fast alle Bereiche sind für den Bildungsverband von hoher Relevanz.
Der Abschlussbericht soll im Sommer 2021 der Öffentlichkeit übergeben werden, insofern ist für eine erfolgreiche Kommissionsarbeit sehr zu hoffen, dass die Legislaturperiode nicht vorzeitig endet. Bis dahin finden neben den regulären Sitzungen der Kommission auch öffentliche und nicht-öffentliche Anhörungen mit externen Sachverständigen und Vertretern der Ministerien und Bundesbehörden statt.
Fast alle Bereiche, die die Kommission untersuchen soll, sind für den Bildungsverband von hoher Relevanz.
Der Bildungsverband hat zu den aufgeworfenen Fragen ein erstes Positionspapier erstellt und sich unter anderem mit dem Kommissionsmitglied Frau Dr. Dietlind Tiemann MdB am 9. November im Deutschen Bundestag ausgetauscht. Dabei wurden nicht nur die von der Kommission aufgeworfenen Fragen (Veränderung der wirtschaftlichen Strukturen, Berufsbilder usw.) angesprochen, sondern auch, welchen Input sich die Parlamentarier für ihre weitere Arbeit wünschen. Es wurde deutlich, dass in die Kommissionsarbeit auch Erfahrungen und Modellprojekte aus der Praxis eingebracht werden sollen, um theoretisierende und eher fruchtlose Debatten zu vermeiden.
Ein Vorteil der Enquete ist ihre Unabhängigkeit von aktuellen parlamentarischen Vorhaben. Dies ist eine gute Voraussetzung, um die Fragen der Veränderung der wirtschaftlichen und betrieblichen Strukturen, Berufsbilder, Qualifikationsanforderungen und zukünftige Bedarfe in den Branchen durch die Digitalisierung umfassend und außerhalb der sachlichen und zeitlichen Zwänge von Gesetzgebungsverfahren erörtern zu können.
Am 26. November fand die erste öffentliche Anhörung statt, in der die Parlamentarischen Staatssekretäre des BMBF, des BMAS und des BMWi zu laufenden und geplanten Vorhaben und Formaten der Ressorts im Zusammenhang mit dem Thema der beruflichen Bildung in der digitalen Arbeitswelt berichteten. Zur Darstellung bereits laufender Programme und verschiedener Gesetzesvorhaben, die dieses Thema auch betreffen (etwa Förderprogramme der Ministerien, außerdem das Qualifizierungschancengesetz und auch Regelungen zu neuen Berufen) hatten die Abgeordneten die Möglichkeit, die Ministerien zu befragen. Insofern war dies ein Informations-Aufschlag. Im Verlauf des Dezember wird es weitere Sitzungen der Kommission geben, bei denen dann die Schwerpunktthemen konkret bearbeitet werden.
Stefan Sondermann