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Statements von Sozialpartnern, Verbänden und Experten

Aus der Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung vom Mai 2017 zum Thema: Berufliche Bildung im Zeichen des demographischen Wandels: Angesichts des demographischen Wandels und der Tendenz, dass immer mehr junge Menschen einen möglichst hohen Bildungsabschluss anstreben, soll die berufliche Bildung künftig attraktiver gestaltet werden. Hier einige Statements:

Matthias Anbuhl, DGB

Angesichts rund 1,2 Millionen junger Menschen ohne Berufsabschluss seien sowohl Investitionen in Gebäude als auch die Stärkung des Lehrernachwuchses erforderlich. Die Digitalisierung stelle eine Herausforderung dar: Gerade in diesem Punkt müsse man stärker auf die Qualifizierung der Ausbilder schauen.

Volker Born, Zentralverband des Deutschen Handwerks

Es gibt Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen. Die Zahl der Hauptschüler sei von 60 auf aktuell 40 Prozent gesunken. Die Betriebe bräuchten Unterstützung. Angesichts der vielen förderbedürftigen Jugendlichen sei die assistierte Ausbildung ein wichtiges Instrument, das über 2018 verlängert werden solle. Zugleich müsse die Fortbildung als attraktive Aufstiegschance stärker bekannt gemacht werden.

Claudia Karstens, Paritätischer Gesamtverband

Wichtig sei, Flüchtlingen eine berufliche Perspektive zu verschaffen. Wer nur Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive fördern wolle, wiederhole alte Fehler und schaffe neue Exklusionen.

Barbara Dorn, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Immer mehr Jugendliche streben nach höheren Schulabschlüssen. Wichtig sei aber deutlich zu machen, dass auch berufliche Bildung höhere Abschlüsse, Einkommens- und Karrierechancen bereithalte, die mit denen der akademischen Bildung vergleichbar seien.

Prof. Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung

Um die berufliche Bildung in Deutschland stehe es immer noch gut. Viele Schulabgänger streben höhere Abschlüsse an. Diese Entwicklung zeige sich eher „unheilvoll“. Ausbildungsgänge, die mit harter körperlicher Arbeit einhergehen, werden immer weniger nachgefragt. Um dem entgegen zu wirken, gibt es regional schon gute Ansätze, die verstärkt werden sollten.

Dr. Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung und Buchautor „Die Digitale Bildungsrevolution“

Jörg Dräger, Bertelsmann Stiftung

Unterschiedliche Talente, Kenntnisse und Erfahrungen – so verschieden wie der Mensch ist, so individuell lernt er auch. Die heutigen Bildungssysteme können darauf aber zu wenig Rücksicht nehmen. In typischen Unterrichtssituationen kümmert sich ein Lehrer etwa 20 Prozent der Zeit um das einzelne Kind und steht zu 80 Pro­zent vor der Klasse und vermittelt Standardwissen. Egal ob Schule, Hochschule oder Weiterbildung: Alles ist weitgehend standardisiert und vereinheitlicht. Doch jetzt können digitale Hilfsmittel allen Schülern personalisiertes Lernen ermöglichen.

Eine Lehrerin, die Lernsoftware einsetzt, bringt das auf den Punkt: „Seitdem ich digitale Medien nutze, muss ich nicht mehr Standardwissen, sondern kann Kinder unterrichten.“ Die Digitalisierung gibt allen Beteiligten mehr Zeit fürs Wesentliche – ein Allheilmittel aber ist sie nicht. Natürlich können siebenminütige Lernvideos keine Persönlichkeitsbildung ersetzen und Computertechnik nicht die Bindung zwischen Lehrer und Schüler. Was sie jedoch können, ist, Freiräume genau dafür zu schaffen.

Die GEW Vorsitzende Marlis Tepe und das GEW Vorstandsmitglied Ansgar Klinger fordern mehr Geld für Weiterbildung und ein Weiterbildungsgesetz für Deutschland.

Marlis Tepe und Ansgar Klinger, GEW

Bildung investieren. „Bildung ist der Schlüssel für eine lebenswerte, chancengleiche und zukunftsfähige Gesellschaft.“ Lehrende brauchen mehr Zeit für die Lernenden. Das gehe nur mit zusätzlichem Personal in Kitas, Schulen, Hochschulen und der Weiterbildung. Zugleich müssen Ganztagsangebote und Inklusion ausgebaut werden. „Würde Deutschland so viel Geld für Bildung ausgeben wie andere Industrienationen im Schnitt, wären alle unsere Vorschläge problemlos zu finanzieren“, sagt GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.

„Deutschland braucht ein Weiterbildungsgesetz“, sagt Ansgar Klinger, GEW Vorstandsmitglied. Verfolgt man die bildungspolitische Diskussion, wird schnell deutlich, dass von der Weiterbildung – zu Recht – viel erwartet wird: Sie soll gesellschaftliche Prozesse der Individualisierung und Pluralisierung sowie des Strukturwandels und der Digitalisierung unterstützen, sie soll Fragen einer älter werdenden Gesellschaft lösen und die Zivilgesellschaft mitentwickeln.

Damit die Weiterbildung diese hohen gesellschaftlichen Erwartungen erfüllen kann, muss die Gesellschaft sie hierzu erst einmal in die Lage versetzen. Für die Bildungsgewerkschaft ist klar, dass hierzu ein Bundesgesetz für die Weiterbildung die erforderlichen Rahmenbedingungen sicherstellen muss. Hierzu gehören Regelungen zu Information und Beratung, Lernzeiten und der Finanzierung der Weiterbildung. „Die GEW unternimmt gemeinsam mit Ver.di und der IG Metall Schritte, um die erforderlichen bundesgesetzlichen Regelungen zu realisieren, die auch vom DGB klar eingefordert werden. Uns geht es darum, der Weiterbildung den ihr gebührenden gesellschaftlichen Stellenwert zu verschaffen“, so Klinger.

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