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Neue Ansätze in der Weiterbildung?

Qualifizierungschancengesetz tritt Anfang 2019 in Kraft

Berlin | Das zum Jahresbeginn in Kraft getretene neue Qualifizierungschancengesetz (QuaChaG) ist ein Paradigmenwechsel und eine Chance für Unternehmen und Arbeitnehmer. Es winken hohe Weiterbildungszuschüsse, die Voraussetzungen dafür sind nicht hoch. Ob das Verfahren allerdings handhabbar ist, wird die nähere Zukunft zeigen.
Leitbild des Gesetzes ist die digitale Transformation der Arbeitswelt: Jobs werden wegfallen, andere entstehen neu, bestehende Berufsbilder verändern sich, kaum eine Branche wird sich den Veränderungen ohne Nachteil entziehen können. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat die Zeichen der Zeit erkannt und ihre Instrumente neu ausgerichtet: Während bisher Weiterbildungen für Arbeitssuchende, gering qualifizierte und ältere Arbeitnehmer im Vordergrund standen (Programm „WeGebAu“), sind jetzt grundsätzlich alle Arbeitnehmer Zielgruppe – ohne dass der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit von Unternehmen und ihrer Beschäftigten für Weiterqualifizierung angetastet wird. Die BA übernimmt künftig einen Teil der Kosten für zielgerichtete Weiterbildung, in ihren Haushalt wurden entsprechende Mittel in Milliardenhöhe eingestellt.
Vom Gesetz sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen profitieren: Arbeitnehmer erhalten zunächst einen allgemeinen Anspruch auf Weiterbildungsberatung. Die Weiterbildung selbst beschränkt sich nicht auf den aktuellen Beruf und erfasst auch Teilzeitkräfte; berufsbegleitende Maßnahmen sind ausdrücklich erwünscht. Arbeitgeber bekommen finanzielle Entlastung durch staatliche Förderung für die dann auch betrieblich nutzbare Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Positiver Nebeneffekt könnte eine engere Bindung an das Unternehmen sein.
Was wird gefördert und in welcher Höhe? Bei allen Arbeitnehmern sind es anteilig die unmittelbaren Weiterbildungskosten, bei einer betrieblichen Freistellung unter voller Gehaltsfortzahlung gibt es auch Lohnkostenzuschüsse. Wie aus andere Gesetzen bereits bekannt, richtet sich die Höhe der finanziellen Unterstützung nach der Unternehmensgröße:
Bei Kleinunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten werden die Kosten für die Weiterbildung komplett, die Lohnfortzahlungskosten zu 75 Prozent übernommen. Bei Unternehmen mit 10 bis 249 Mitarbeitern werden je die Hälfte der Kosten erstattet, bei Unternehmen mit 250 bis 2500 Mitarbeitern je ein Viertel und in Großunternehmen noch 15 Prozent der Kosten. Wichtig ist, dass es bei einer tarifvertraglichen oder betrieblichen Vereinbarung zur beruflichen Weiterbildung bis zu 20 Prozent geben kann.
Welche Voraussetzungen gibt es, was muss man dafür tun? Der neue § 82 SGB III nennt hier fünf zwingende Kriterien:

  1. Die Berufsausbildung liegt mindestens 4 Jahre zurück.
  2. Der Abstand zwischen Weiterbildungsmaßnahmen beträgt ebenfalls mindestens 4 Jahre.
  3. Es sind keine Weiterbildungen, die sich auf Fähig- und Fertigkeiten der aktuellen Position beziehen; sie müssen daher über ausschließlich arbeitsplatzbezogene, kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen.
  4. Die Weiterbildung muss extern von einem dafür zugelassenen Bildungsträger durchgeführt werden. Im Unternehmen selbst ist es (nur) möglich, sofern von einem externen Dienstleister angeboten wird – diese Möglichkeit wurde noch kurz vor Verabschiedung des Gesetzes geschaffen.
  5. Die Maßnahme muss mehr als 160 Stunden bzw. vier Wochen dauern.

Zum Verfahren: Die BA muss jede Weiterbildung genehmigen und gibt dann einen Bildungsgutschein aus, der ausschließlich bei einem zertifizierten Bildungsträger eingelöst werden kann. Wichtig für die Praxis ist, dass auch das QuaChaG keinen Rechtsanspruch auf Weiterbildung begründet. Weiterbildungen sind also nach wie vor nur in Absprache und durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber möglich, da er immer einen Teil der Kosten tragen muss. Ein Grund mehr für ein betriebliches Weiterbildungsmanagement, damit Arbeitgeber ihren Mitarbeitern auch dann Weiterqualifizierungen ermöglichen, wenn diese vielleicht anderweitig eingesetzt werden können. Stefan Sondermann

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