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Gemeinsame Stellungnahme zum Haushaltsentwurf 2023 – Finanzierung der Bildungsangebote über Bundesdurchschnittskostensätze (B-DKS) inkl. regelmäßiger Anpassungen

Die Bundesdurchschnittskostensätze (B-DKS) sind ein zentrales Steuerungsinstrument der Finanzierung der beruflichen Weiterbildung. Von der Coronakrise stark belastet, wurde zunächst der SodEGRettungsschirm über Bildungs- und Qualifizierungsträger gezogen. Doch auch heute ist das Volumen der Teilnehmenden noch nicht wieder auf dem Niveau von 2019. Wir haben von der Veröffentlichung der neuen B-DKS viel erwartet und die Veröffentlichung der aktuellen B-DKS am 01.07.2022 mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen.

Die Anpassungen beruhten auf zwei atypischen Corona-Jahren und sind deshalb keine realistische Abbildung der Kosten und der Kostenentwicklung. Nicht zu erklären sind die zahlreichen Absenkungen, z.B. in den Bereichen Schweiß- und Verbindungstechnik, Technische Mediengestaltung oder im Hoch und Tiefbau. Eine realitätsbezogene Anpassung durch das BMAS ist ein unabdingbares Stabilisierungselement. Der Anpassungsprozess bildet den bekannten Anstieg des Mindestlohns seit 2020 nicht ab und preist den zukünftigen Anstieg des Mindestlohns nicht ein.

Stark steigende Energiekosten und hohe Inflationsraten erhöhen den Kostendruck noch weiter und erschweren eine kostendeckende Finanzierung insbesondere von energieintensiveren Maßnahmen erheblich. Hier driftet die Schere zwischen kalkulierten und tatsächlichen Kosten immer weiter auseinander, da häufig längerfristige Verträge, z.B. mit der Bundesagentur für Arbeit unter anderen Kalkulationsbedingungen geschlossen wurden und diese den aktuellen und rasanten Anstieg der Energiekosten nicht abbilden. Die entstehenden Mehrkosten gehen zulasten der Träger.

Schon in unserer Stellungnahme zur Weiterentwicklung des Verfahrens zur Träger- und Maßnahmezulassung im Rahmen der AZAV vom 28.10.2019 haben wir u.a. auf die Problematik unzureichender B-DKS hingewiesen:

  • B-DKS berücksichtigen weder gestiegene Personal- noch sonstige Kostenentwicklungen (z.B. Energie) bei den Arbeitsmarktdienstleistern.
  • Teilnehmerzahlen in FbW-Maßnahmen sind rückläufig. Die Reduktion der Teilnehmenden pro Kurs von 15 auf 12 sind ein richtiger Schritt, diese Zahlen werden aber auch als Folge der Pandemie in vielen Regionen nicht mehr zu erreichen sein.
  • Die zuvor erfolgte pauschale Anhebung der B-DKS zum 01.08.2022 wurde durch die parallel erfolgte Absenkung der kalkulatorischen Bezugsgröße massiv entwertet.
  • Individuelle und spezialisierte Weiterbildungsbedarfe (Stichwort: Arbeitswelt 4.0) können mit den B-DKS nicht kostendeckend abgebildet werden. Dies hat sich durch das zu begrüßende Qualifizierungschancengesetz (QCG) weiter verschärft.

Wir gewinnen den Eindruck, dass das BMAS wenig Interesse zeigt, aktiv die Qualifizierung von Arbeitslosen durch das QCG voranzubringen. Die Neukonzeptionierung von Maßnahmen wird erheblich erschwert und für die Träger zunehmend unattraktiv.

Wir identifizieren die folgenden Handlungsfelder zur Weiter- und Fortentwicklung der B-DKS:

  • Die B-DKS müssen nicht nur den unterschiedlichen unternehmerischen und regionalen Voraussetzungen Rechnung tragen, also flexibler werden, sondern auch inhaltliche und methodisch-didaktische Besonderheiten aufgreifen.
  • Der Berechnungsmechanismus des B-DKS ist zu „träge“, um auf die aktuellen Preissteigerungen insbesondere bei Personalkosten sowie den Energiekosten und die steigende Inflation entsprechende einzugehen. Eine zeitgemäße Dynamisierung der Kosten ist überfällig.
  • Kalkulationsverfahren sind zu vereinfachen und die Berechnung der durchschnittlichen Maßnahmekosten ist zu überarbeiten. Maßgeblich für diesen Prozess können nur Maßnahmen sein, die tatsächlich stattgefunden haben und grundsätzlich vergleichbar sind.
  • Die B-DKS müssen künftig transparent an die relevanten und anerkannten Indizes wie Preise, den pädagogischen Mindestlohn und Gewerberaummieten angepasst werden. Die Gruppengröße ist nicht mehr auf 12 zu fixieren, sondern an aktuelle Bedarfe und Realitäten zu orientieren, zum Beispiel durch Staffelpreise.
  • Etablierung eines „Lernenden Systems“: Zeigt die systematische Auswertung wiederholte Zuordnungsprobleme oder Unklarheiten spezifischer Maßnahmeinhalte, sollten diese gezielt ausgeräumt und ggf. ein passender neuer B-DKS installiert werden.

Weiterbildung ist ein wirksames Mittel zur Sicherung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, zur Überwindung des Fachkräftemangels und zur erfolgreichen Bewältigung des digitalen und ökologischen Wandels. Angesichts der enormen Herausforderungen der nachhaltigen Transformation – zumal in Krisenzeiten – halten wir eine grundlegende Überarbeitung der relevanten Kriterien für die jeweilige Anpassung der Bundesdurchschnittskostensätze für zwingende geboten. Wir fordern dazu auf, die fachliche Expertise von Trägern und Verbänden zu nutzen und diese in eine entsprechende Fixierung der Prozesse zur turnusmäßigen Anpassung von tragfähigen B-DKS miteinzubringen.

Als Ansprechpartner stehen wir hierfür gerne zur Verfügung.

Stellungnahme als PDF (PDF | 146 kB)

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