Home > 2024 > Scheinselbstständigkeits-Kriterien für Honorarkräfte: Der BBB im Austausch mit SPD-Politikern

Scheinselbstständigkeits-Kriterien für Honorarkräfte: Der BBB im Austausch mit SPD-Politikern

Der Bundesverband der Träger beruflicher Bildung (Bildungsverband) e.V. traf sich am 27. Juni mit Arbeitsmarktpolitiker*innen der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, um über die Kriterien für Scheinselbstständigkeit von Honorarkräften in der Bildungsbranche, insbesondere im Gesamtprogramm Sprache, zu diskutieren. Die Gesprächsrunde wurde von Martin Rosemann, dem arbeitsmarktpolitischen Sprecher der Fraktion, und Bernd Rützel, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit und Soziales, geleitet. Hauptthema war das Gefährdungspotential, das die seit Jahresbeginn strengere Auslegung der Kriterien mit sich bringt.

Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender des Bildungsverbandes, äußerte seine Bedenken: „Die engere Auslegung lässt den Dozierenden kaum eine andere Option als die Festanstellung. Dies gefährdet die Integration Zugewanderter in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft erheblich. Bildungsträger sind oft auf Freiberufler*innen angewiesen, da die Auftragslage stark schwankt. Viele Betroffene bevorzugen zudem die Freiberuflichkeit.“ Er kritisierte auch die damit verbundene Bürokratie.

Es ist wichtig, dass die Zahl der Integrationssprachkurse nicht abnimmt, weil sich Bildungsträger aufgrund der Festanstellungspflicht zurückziehen. Eine selbständige Tätigkeit bleibt nur dann möglich, wenn sie nicht durch Weisungsgebundenheit und die Einbindung in eine fremde Arbeitsorganisation eingeschränkt wird. Die Gesprächsteilnehmer*innen zeigten Verständnis für Fojkars Argumente und versicherten, an einer politischen Lösung zu arbeiten. Es ist dringend erforderlich, die Strukturen aufrechtzuerhalten, um eine Verknappung von Sprachkursen zu vermeiden, die durch die Festanstellungspflicht verursacht werden könnte.

Weiterhin fand am 14. Juni auf Einladung von Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg im Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin ein weiteres Fachgespräch über den Erwerbsstatus von Lehrkräften statt. Hieran nahmen Vertreter der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund), Verbände, Kammern sowie weitere relevante Akteure teil. Ziel war es, die aktuelle Situation und die verschiedenen Beschäftigungsmodelle von Lehrkräften umfassend zu erörtern.

Es wurde deutlich, dass Lehrkräfte sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbständig tätig sind und dies auch in Zukunft gewünscht ist. Die Versicherungspflicht für selbständige Lehrkräfte gewährleistet die Altersvorsorge und Absicherung bei Erwerbsminderung. Eine selbständige Tätigkeit ist möglich, wenn diese durch Weisungsfreiheit sowie unternehmerische Freiheiten, Chancen und Risiken geprägt ist. Dabei wurden verschiedene Kriterien erörtert, die eine unternehmerische Tätigkeit kennzeichnen, darunter:

  • Allgemeine inhaltliche Rahmenvorgaben
  • Einfluss auf die organisatorische Ausgestaltung der Tätigkeit
  • Mitbestimmung bei Unterrichtsort und -zeit
  • Beteiligung an Kosten, z.B. für Unterrichtsräume
  • Möglichkeit des Einsatzes Dritter (Vertretung)
  • Akquise von Schülern und Unterrichtung auf eigene Rechnung
  • Vergütung abhängig von variablen Elementen
  • Kein Ausfallhonorar
  • Keine Verpflichtung zur Vorbereitung und Durchführung gesonderter Schülerveranstaltungen
  • Keine Verpflichtung zur Teilnahme an Lehrer- und Fachbereichskonferenzen
  • Keine Meldepflicht für Unterrichtsausfall

Diese Kriterien sind nicht abschließend, daher können weitere Indizien für eine Selbständigkeit sprechen. Nicht alle Kriterien müssen parallel erfüllt werden; entscheidend ist die Gesamtbetrachtung der Tätigkeit. Alle Beteiligten waren sich einig, dass die bestehenden Kursangebote aufrechterhalten werden sollen.

Es wurde vereinbart, dass die Verbände und Kammern zusammen mit der DRV Bund prüfen, welche Anpassungen an den Organisationsmodellen erforderlich sind, damit eine selbständige Tätigkeit möglich bleibt. Dies soll in Sachverhaltsbeschreibungen und Musterverträgen festgehalten werden. Die Verbände und Kammern werden gebeten, mitzuteilen, für welche Fallkonstellationen sie solche Muster ausarbeiten wollen.

Die DRV Bund wurde gebeten, die Unsicherheiten bezüglich der geänderten Rechtsprechung auch über den Stichtag 1. Juli 2023 hinaus zu berücksichtigen. Es werden keine Bescheide erstellt oder versandt, anhängige Widerspruchsverfahren werden ruhend gestellt. Diese Beschlüsse gelten bis zum 15. Oktober 2024.

Ein weiteres Fachgespräch zur Überprüfung des Sachstands und zur Klärung eventuell noch bestehender Fragen ist für Oktober 2024 geplant.